Entfristung von eingriffsintensiven Überwachungsbefugnissen: Evidenzbasierte Gesetzgebung ist unverzichtbar

Pressemitteilung der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vom 11.03.2025

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit äußert sich zur geplanten Aufhebung der Befristungs- und Evaluationsklauseln für die Telekommunikationsüberwachung und Standortermittlung im Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG).

Die Entfristung der polizeilichen Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung und Standortermittlung bei gleichzeitiger Streichung der bislang vorgesehenen Evaluierung darauf basierender Maßnahmen wirft rechtsstaatliche Fragen auf. Heimliche und eingriffsintensive Überwachungsmaßnahmen bedürfen besonderer Rechtfertigung und kontinuierlicher Überprüfung – dies ist die klare Linie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Eine evidenzbasierte Gesetzgebung und regelmäßige Überprüfung sind wesentliche Elemente rechtsstaatlicher Sicherheitsgesetzgebung.

Meike Kamp, Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit: „Die Evaluation von Sicherheitsgesetzen ist keine bloße Formalie, sondern ein wesentliches Element des Grundrechtsschutzes. Gerade bei eingriffsintensiven Maßnahmen ermöglicht es eine evidenzbasierte Gesetzgebung, die Angemessenheit und Wirksamkeit von Überwachungsbefugnissen empirisch zu überprüfen und auf dieser Grundlage notwendige Anpassungen vorzunehmen.“

Die aktuell geplante vollständige Streichung der spezifischen Evaluierungspflicht im ASOG steht diesen rechtsstaatlichen Grundsätzen entgegen. Eine Verlängerung der Befristung der weitreichenden Befugnisse unter Beibehaltung der Evaluierungspflicht würde dagegen dem Grundrechtsschutz dienen.

In den gestrigen Beratungen des Innenausschusses wurde erkennbar, dass eine für die Zukunft geplante ASOG-Novelle eine Ausweitung der bestehenden Befugnisse anstrebt. Aus Sicht der Berliner Datenschutzbeauftragten ist es methodisch sinnvoll, zunächst, wie momentan gesetzlich verankert, eine wissenschaftliche Evaluation durchzuführen, um fundierte Erkenntnisse für die Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Ausgestaltung solcher Erweiterungen zu gewinnen. Die Berliner Datenschutzbeauftragte Meike Kamp hat ihre Bedenken dem Innenausschuss in einer Stellungnahme mitgeteilt.

Wissenschaftliche Evaluationen bringen wichtige Erkenntnisse

Die Erfahrungen mit der kürzlich abgeschlossenen Evaluation des Bodycam-Einsatzes bei Polizei und Feuerwehr verdeutlichen den Wert unabhängiger wissenschaftlicher Untersuchungen: Erst durch diese systematische Analyse konnten differenzierte Erkenntnisse über Wirkung, Akzeptanz und rechtliche Problemfelder gewonnen werden. Die Befunde waren teils überraschend – etwa die grundsätzliche Ablehnung des Einsatzmittels durch die Feuerwehr aufgrund befürchteter Vertrauensverluste im Verhältnis zu Patient:innen. Ohne externe Evaluation wären solche Erkenntnisse nicht zugänglich geworden.

Die Berliner Datenschutzbeauftragte Meike Kamp begrüßt die grundsätzliche Bereitschaft zur Durchführung einer wissenschaftlichen Evaluation, die sowohl die Innensenatorin als auch die Sprecher der Regierungsfraktionen im Innenausschuss unterstrichen haben: „Diese Möglichkeit sollte in konkrete gesetzliche Zusagen gefasst und anschließend zügig in die Tat umgesetzt werden“, fordert Kamp. „Statt die gesetzliche Evaluationspflicht zu streichen, sollte das Parlament eine neue, angemessene Frist für deren Durchführung setzen.“